Das Wort „Prehab“, kurz für Prehabilitation existiert schon seit geraumer Zeit in diversen Trainingskonzepten in der Arbeit mit Athleten. Gemeint sind damit verletzungsvorbeugende Übungen hinsichtlich Ansteuerung, Mobilität und Stabilität von Strukturen.
„Prehabilitation“ nennt sich nun auch ein neuer Ansatz in der medizinischen Versorgung, der Kraft-, Bewegungs- und Koordinationstraining vor einer Operation vorsieht, um die Patienten auf die Belastungen des Eingriffs vorzubereiten und nach der OP schneller wieder auf die Beine zu kommen. Die Apotheken-Umschau nennt das „Rehabilitation vor der OP“.
Stellt sich für mich die Frage, wovon denn rehabilitiert werden soll? Von den Auswirkungen eines bewegungsarmen und hyperkalorischen Alltags?
Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat eine Übersichtsstudie zum Thema „Wirksamkeit präoperativer Trainingsinterventionen“ vorgelegt, um die Bedeutung von Trainingsprogrammen vor einem operativen Eingriff einzuordnen. Das Ergebnis: Bei Patienten mit inneren OP-Indikationen haben sich Atemtrainings, ggf. in Kombination mit Kraftausdauerübungen positiv hinsichtlich reduzierter Klinikverweildauer und postoperativen Komplikationen erwiesen. Bei orthopädischen OP-Indikationen reduzierte sich durch ein der Operation vorangeschobenes Krafttraining die Verweildauer in der Klinik, desweiteren war eine schnellere funktionelle Genesung erkennbar. Die körperlichen Leistungsparameter vor der OP wurden bei beiden Patientengruppen verbessert, besonders Risikopatienten scheinen von solch einer Intervention am meisten zu profitieren. Aussagen zur spezifischen Gestaltung dieser Trainingsprogramme können laut Studie noch nicht getroffen werden.
Hinzu kommt noch ein nicht zu unterschätzender psychischer Effekt. Durch das Training haben haben die Patienten das Gefühl, eine aktive Rolle bei der Heilung einzunehmen. Die Compliance, also die „Mitarbeit“ des Patienten ist seit jeher ein wichtiger Faktor am Heilungserfolg.
So wichtig wissenschaftliche Arbeit ist, für mich sind dieses Forschungsthema inkl. der bisherigen Erkentnisse eine Binsenweisheit: in welcher Lebenslage hat denn eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und eine verbesserte Konstitution keine positiven Auswirkungen auf das Ergebnis?
Prehabilitation vor Operationen? Für mich ist dieser Ansatz zu kurz gedacht. Ziel muss es doch für jeden von uns sein, sich selbst in einen bestmöglichen Zustand zu bringen, um allen Anforderungen gerecht zu werden, die uns begegnen können. Und Fakt ist auch: ein aktiver und gesunder Lebensstil verhindert sogar die ein oder andere Operation, auf die man sich sonst speziell vorbereiten müsste.